Dimensionierung von Trinkwasserleitungen
Argumente dafür, die Rohrdimension exakt zu berechnen
Seit April 2019 ist eine Rohrleitungsberechnung für Trinkwasser-Installationen vorgeschrieben. Eine fehlende Dimensionierung stellt in Österreich einen Mangel gemäß ÖNORM 2531:2019 dar, der im Nachhinein teuer werden kann. Denn: Größer ist im Falle von Trinkwasserleitungen nicht besser. Das Gegenteil ist der Fall. Erfahren Sie, warum und welche Möglichkeiten es gibt, Rohrdimensionen exakt zu berechnen!
Video #FragViega: Warum soll so gering wie möglich dimensioniert werden?
Lebensqualität bedingt, Trinkwasserleitungen exakt zu dimensionieren
Die exakte Dimensionierung von Trinkwasserleitungen trägt entscheidend zur Temperaturhaltung des Warm- und Kaltwassers bei. Damit wirkt sie sich nicht nur auf den Komfort der Verbraucher, sondern vor allem auf die Trinkwasserhygiene aus. Und doch sind überdimensionierte Rohrleitungen keine Seltenheit.
Dabei ist der in der Branche übliche Sicherheitszuschlag, nicht kleiner als 20 x 2,8 mm zu installieren, in Wahrheit ein Zuschlag für das Verkeimungsrisiko – und auch in puncto Wirtschaftlichkeit alles andere als günstig.
Argument #1: Trinkwassergüte
In Sachen − Leitungen für unser wichtigstes Lebensmittel − gilt es bestimmte hydraulische Gesetzmäßigkeiten zu berücksichtigen. Wichtig ist es, den Summendurchfluss aller Entnahmestellen auf einer Etage in eine realistische Relation zur tatsächlichen Nutzung durch die Verbraucher zu setzen. Geschieht dies nicht, ist der angenommene Wasserbedarf zu hoch, und die Rohrleitungen werden zu groß ausgelegt.
Die Folge: Das Wasser fließt mit einer zu geringen Geschwindigkeit durch die überdimensionierten Rohre – an den Wandungen sogar noch langsamer als im Rohrzentrum. Doch mit nachlassender Fließgeschwindigkeit fehlt es gerade an den Rohrwänden an Scherkräften, um dem Aufbau des Biofilms entgegenzuwirken. Die Mikroorganismen, die natürlicherweise im Trinkwasser vorkommen, haben mehr Zeit, diesen Biofilm zur Vermehrung zu nutzen. Das Risiko einer Verkeimung steigt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt betreffend Bakterien und Nährstoffe: Mit der Größe der Rohrleitungen erhöht sich auch das Trinkwasservolumen in der gesamten Verteilung. Ist dieses höher als die regelmäßige Entnahme, fehlt der kontinuierliche Wasseraustausch. Diese Stagnation bietet Mikroorganismen ebenfalls mehr Zeit zur Vermehrung. Gleichzeitig führt sie zum Anstieg der Kaltwassertemperatur. Und: Legionellen kommen immer eher im Kaltwasser vor.
Argument #2: Komfort
Die Ausstoßzeiten und Temperaturbereiche sind in der ÖNORM 2531:2019 festgehalten. Um sowohl der Trinkwassergüte wie auch dem Trinkwasserkomfort gerecht zu werden, gelten folgende Vorschriften:
- Maximal 30 Sekunden nach dem vollständigen Öffnen auch der am weitesten entfernten Entnahmestelle darf Kaltwasser höchstens 25 °C warm sein.
- Die Temperatur von Warmwasser muss mindestens 50 °C in Wohneinheiten bzw. 55 °C in besonders sensiblen Einrichtungen wie Pflegeheimen und Spitälern betragen.
Nehmen wir als Beispiel eine Reihenleitung: Sind die Rohre zu groß, kann das Wasser nicht innerhalb von 30 Sekunden ausgespült werden. Es steht in den Leitungen und verlässt meist den geforderten Temperaturbereich, kommt also länger zu warm bzw. zu kalt aus der Entnahmearmatur. Dadurch dauert auch der vollständige Wasserwechsel in der Trinkwasser-Installation länger. Das begünstigt die Kaltwassererwärmung über die gesamte Strecke und fördert das Bakterienwachstum.
Dass Kaltwasser zu spät aus der Armatur kommt, ist offensichtlich. Allerdings bleibt eine fortschreitende Verkeimung des Trinkwassers meist unentdeckt. Und wenn sie erkannt wird, ist oft nur eine neue Rohrleitungsverlegung in bedarfsgerechten Dimensionen wirksam. Das vielfach praktizierte „Ausspülen“, um die Stagnation zu kompensieren, ist auf Dauer weder nachhaltig noch kosteneffektiv. Daher lohnt es sich, von Anfang an mit der richtigen Rohrdimension zu planen.
Argument #3: Wirtschaftlichkeit
Die genaue Auslegung von Trinkwasser-Installationen reduziert diverse Materialaufwendungen – von den eigentlichen Materialkosten über Bauteile, die in kleineren Dimensionen verbaut werden können, bis hin zu weniger komplexen Trinkwasserverteilungen. Angesichts der aktuell steigenden Baukosten ist Wirtschaftlichkeit damit ein zusätzliches Argument, Rohrleitungen nicht über den Daumen, sondern über spezielle Software Tools zu berechnen.
Dimension von Trinkwasserleitungen besser berechnen
Gibt es Mängel an den Rohrleitungssystemen, ist der Installationsbetrieb häufig die erste Anlaufstelle. Bei fehlender Rohrleitungsberechnung steht der Installateur in der Haftung. Um einer solchen Situation vorzubeugen, hat er nach der ÖNORM 2531:2019 zwei Optionen:
- Wohngebäude bis 12 Einheiten:
Ermittlung der Rohrinnendurchmesser nach ÖN EN 806-3 oder DIN 1988-300:2012 - größere Gebäude ab 12 Einheiten:
Rohrleitungsberechnung nur nach DIN 1988-300:2012
Bei der ÖN EN 806-3 handelt es sich um ein vereinfachtes Verfahren für „Normal-Installationen“. Sprich:
- Zu keiner Zeit dürfen mehr als 1,5 Liter Wasser pro Sekunde durch die Rohre fließen.
- Kein Verbraucher darf dauerhaft mehr als 15 Minuten zu versorgen sein.
Die beiden entscheidenden Nachteile dieser vereinfachten Betrachtung: Es wird zwar grob zwischen verschiedenen Rohrleitungswerkstoffen unterschieden. Die konkreten Zeta-Werte der Rohrleitungssysteme – und damit auch die tatsächlichen Druckverluste – bleiben allerdings unberücksichtigt. Zudem wird nicht bewertet, ob Entnahmestellen gleichzeitig genutzt werden.
Daher geben wir der exakten Rohrleitungsberechnung nach DIN 1988-300 immer den Vorzug. Nur so werden die realen Installations- und Betriebsbedingungen berücksichtigt, und die Trinkwasser-Installation wird wirklich bedarfsgerecht ausgelegt. Und das Beste: Mit der geeigneten Software hält sich der zeitliche Mehraufwand in Grenzen. Eine Option ist dabei das Software Viptool Engineering von Viega.
Trinkwasser – Produkte und Services von Viega
Viel hilft – wenig. Zumindest, wenn es um die exakte Dimensionierung von Trinkwasserleitungen geht. Viega weiß, wie wichtig das Thema ist und bietet gut durchdachte Produktlösungen und individuelle Services rund um das Kompetenzfeld an. Getreu dem Motto „So klein wie möglich, so groß wie nötig“ wird beispielsweise im Seminar TW-Anlagendimensionierung wertvolles Fachwissen vermittelt.
